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Hoffnung und Sorge bei Zusammenarbeit mit China

Christian Sec. | Börsen-Kurier 

Abwägen zwischen der Furcht vor einer Technologiespionage und der Chance auf neue Absatzmärkte.

Der Bestand an Chinas Direktinvestitionen lag in Österreich 2022 bei 3 Mrd. EUR, was einem Rückgang von 17,3 % entspricht. Der Trend der Entkopplung aufgrund der geopolitischen Situation wird sich auch weiterhin fortsetzen. So besteht für Bernhard Haas, Fondsmanager der Erste Asset Management, auch aktuell kein Interesse chinesischer Investoren am heimischen Markt

Fast anachronistisch hält mit 55,5 % AVIC, ein chinesisches Staatsunternehmen, die Mehrheit am oberösterreichischen Luftfahrtindustriezulieferer FACC. Durch die chinesische Mehrheitsbeteiligung verschaffte sich FACC den Zugang zum staatlichen Luftfahrtunternehmen Comac. Innerhalb weniger Jahre nach der Mehrheitsbeteiligung der AVIC im Jahre 2009 konnte damit das Unternehmen seinen Umsatz auf mehr als eine halbe Milliarde Euro verdoppeln. 

Der Kooperationswille mit China beruht auf dem Abwägen vor der Furcht einer Technologiespionage und der Hoffnung auf neue Absatzmärkte. „Oftmals verwendeten chinesische Firmen Joint-Venture-Strukturen, ohne die den europäischen Unternehmen der Zugang zum Markt verwehrt wurden“, so Erste-Mann Haas. 

2012 gründete der Maschinenbaukonzern Palfinger ein Joint Venture mit dem chinesischen Baumaschinenhersteller Sany. Während 2021 die Auflösungen der Kreuzbeteiligungen der beiden Unternehmen beschlossen wurden, wird die operative Zusammenarbeit auf Basis von Joint Ventures weiterhin fortgesetzt. Eigentümer von Sany ist dabei Liang Wengen, der nicht nur zu den wohlhabendsten Menschen Chinas gehört, sondern gleichzeitig Mitglied der kommunistischen Partei mit dementsprechender Vernetzung zu höchsten politischen Kreisen ist. „Der Vorteil der Beteiligung Chinas ist ein verbreiterter Absatzraum der natürlich mit einer Begrenzung der Margen einhergeht, der aber durch deutlich steigende Umsätze kompensiert wird“, erklärt Wolfgang Matejka, Asset-Manager der Wiener Privatbank. 

Während in vielen Bereichen, wie im Baubereich, der Zugang zum Markt nur durch Joint Ventures möglich ist, konnte der steirische Leiterplattenhersteller AT&S auch ohne die Beteiligung eines chinesischen Partners am chinesischen Markt produzieren und absetzen. „Warum sollten wir mit China kooperieren, wenn es nicht notwendig ist“, betont Philipp Gebhardt, IR-Chef von AT&S, den Vorteil unternehmerischer Unabhängigkeit. Auch Andritz besitzt seine Unternehmen in China ohne chinesischer Beteiligung, wie es bewusst betont. 

Preismacht Chinas

Aber die Furcht und Hoffnung vor China ist nicht auf Kooperation mit chinesischen Unternehmen beschränkt. So ist der Einfluss des Reichs der Mitte auf die Weltmarktpreise in vielen Bereichen für viele Unternehmen von höchster Bedeutung - auch wenn China nur an elfter Stelle als Zielland österreichischer Exporte liegt -, Tendenz fallend. 

Der Holzfaserproduzent Lenzing ist derzeit der am sichtbarsten exponierte Titel, so Matejka zum Börsen-Kurier. Die starke Abhängigkeit von chinesischen Textilpreisen aber auch die Abhängigkeit von der chinesischen Nachfrage aufgrund hoher Umsatzanteile von Lenzing in China machen das Unternehmen vulnerabel für Marktveränderungen im Reich der Mitte. 

Erste-Fondsmanager Bernhard Haas nennt neben Lenzing auch den Stahlproduzenten voestalpine als stark exponiertes Unternehmen, mit großer Marktabhängigkeit zu China. „China ist mit Abstand der größte Stahlmarkt der Welt und gibt die Preise vor.“ 

Zusätzlich ist für Haas China auch für die OMV wichtiger Indikator für Ölnachfrage und sehr indirekt auch die Unternehmen Verbund und EVN, denn die Nachfrage aus Asien hat Einfluss auf Gaspreise, diese wiederum beeinflussen die Strompreise und dadurch EVN und Verbund.

 

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