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Neuer Agrana-Chef kritisiert hohe zollfreie Zuckerimporte aus Ukraine

11.01.2024, 13:03:00

Büttner: "Wirtschaftliche Performance" und Wachstum im Fokus - Derzeit kein Rückzug aus Russland - 16 Mio. Euro-Abschreibung auf China-Fruchtzubereitungsgeschäft

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AKTUALISIERUNGS-HINWEIS
Neu: Großteils neu nach Interview mit neuem CEO Büttner
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Der Frucht-, Stärke- und Zuckerkonzern Agrana
profitiert derzeit von hohen Zucker-Verkaufspreisen, die zollfreie
Zucker-Importwelle aus der Ukraine belastet aber das Geschäft.
"Profiteure sind Zucker-Handelsunternehmen, die nach Europa
exportieren, und nicht ukrainische Rübenbauern", kritisierte der
neue Agrana-Chef Stephan Büttner im APA-Interview. Er will die
"wirtschaftliche Performance" und das Wachstum forcieren. Ein
Rückzug aus Russland ist derzeit nicht geplant.
Bis Juni 2022 konnte die Ukraine nur rund 20.000 Tonnen Zucker
pro Jahr in die EU exportieren. Um die ukrainische Landwirtschaft,
die unter dem russischen Angriffskrieg leidet zu unterstützen, hob
die EU gewisse Agrar-Zölle bis Juni 2024 auf. Für das laufende
Zuckerwirtschaftsjahr 2023/24 werden Importe aus der Ukraine von bis
zu 700.000 Tonnen erwartet. Die ukrainischen Zuckerimporte hätten
den Agrana-Absatz in Rumänien, Bulgarien und Ungarn "massiv
beeinträchtigt", sagte der Agrana-CEO. "Das ist für uns ein
beträchtlicher Schaden, weil wir sehr viel Absatzvolumen verloren
haben und auch entgangene Deckungsbeiträge und höhere Lagerkosten
haben." Büttner kann sich für die Ukraine künftig eine Zuckerquote
von maximal 200.000 Tonnen pro Jahr vorstellen.
Ein Rückzug aus Russland, wo der Konzern ein Werk betreibt, ist
laut dem Firmenchef momentan nicht geplant. Zwar verurteile er den
russischen Krieg gegen die Ukraine, ein Ausstieg sei aber nicht im
wirtschaftlichen Interesse des Unternehmens, zumal es sich um einen
profitablen Zweig handle. Man könne das Geschäft daher "nicht
einfach abschreiben". "Ein Exit aus Russland ist weder rechtlich
noch wirtschaftlich aus unserer Sicht vernünftig darstellbar", so
Büttner. Außerdem müsse man sehen, dass Agrana keine Lifestyle- oder
Luxusprodukte herstelle, sondern die örtliche Bevölkerung mit
Lebensmitteln versorge.
Die börsennotierte Agrana ist bei Endkunden in Österreich vor
allem mit ihrer Marke "Wiener Zucker" bekannt. Der Konzern
beschäftigt rund 9.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an weltweit
55 Produktionsstandorten. Büttner fungiert seit Jahresbeginn als CEO
der Agrana. Er übernahm das Zepter von Markus Mühleisen, der nach
einer zweieinhalbjährigen Amtsperiode als Chef des Unternehmens
abtrat. Zum doch etwas überraschenden Abgang von Mühleisen, dessen
Vorgänger Johann Marihart immerhin fast drei Jahrzehnte lang an der
Spitze der Agrana gestanden war, wollte sich Büttner nicht näher
äußern. Das sei eine Sache "zwischen dem Herrn Mühleisen und dem
Aufsichtsrat".
Zu seinen Zielen als neuer Agrana-Chef sagte Büttner, dass er die
Arbeit an der strategischen Agenda der Agrana fortsetzen und die
wirtschaftliche Performance weiter verbessern wolle. Zwar sei das
Unternehmen grosso modo mit der Ergebnisentwicklung zufrieden, "es
ist aber immer noch nicht so, dass wir sagen können, wir sind ein
sehr profitables Unternehmen".
Der Agrana-Umsatz belief sich in den ersten drei Quartalen
2023/24 auf 2,95 Mrd. Euro und der Konzerngewinn auf 78,1 Mio. Euro,
wie der Konzern Donnerstagfrüh mitteilte. In der Vorjahresperiode
war aufgrund von Abschreibungen in der Ukraine und Russland nur ein
kleiner Gewinn in Höhe von 5,4 Mio. Euro angefallen. An der Wiener
Börse notierten die Agrana-Aktien am Donnerstagmittag mit einem
Kursplus von 2 Prozent bei 14,65 Euro.
In Asien gab es für das Unternehmen zuletzt aber auch
Rückschläge: Agrana nahm im dritten Quartal Abschreibungen auf zwei
Fruchtzubereitungswerke in China in Höhe von 16 Mio. Euro vor, weil
dort eine geringere Nachfrage und höherer Preisdruck das Geschäft
belasten. Bei Raumtemperatur lagerfähige "Ambient"-Joghurts boomen
in China und Agrana liefert Fruchtzubereitungen nur für gekühlte
Milchprodukte.
Aus Sicht von Büttner gilt es vor allem, die Abhängigkeit von
Preisbewegungen an den Märkten zu reduzieren - so weit dies als
Lebensmittelkonzern möglich ist. Für diesen Zweck sei etwa der eine
oder andere Zukauf denkbar. "Wir werden wachsen müssen." Eine solche
Entwicklung werde aber jedenfalls nicht von heute auf morgen
erfolgen, zumal die Eigentümerstruktur und deren Interessen
vielschichtig seien und das Unternehmen über begrenzte Mittel
verfüge. Der deutsche Zuckerkonzern Südzucker, die
Raiffeisen-Holding NÖ-Wien und die Rübenproduzenten halten zusammen
rund 81 Prozent an der Agrana, 19 Prozent befinden sich im
Streubesitz.
Für das Gesamtjahr 2023/24 rechnet das Agrana-Management "mit
einem sehr deutlichen Anstieg" beim Konzern-Betriebsgewinn und mit
"einem moderaten Anstieg" beim Umsatz. Ab dem vierten Quartal
2023/24 und den Folgemonaten erwarte man aber "ein zunehmend
herausforderndes Geschäftsumfeld", so Büttner.
cri/tpo/phs
 ISIN  AT000AGRANA3
 WEB   http://www.agrana.com


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Quelle: APA, Meldungen der letzten 4 Wochen