Wiener Börse News

Hochkonjunktur kühlt sich ab

Christiane Süßel | Frankfurt | Börsen-Kurier

Die deutsche Bundesbank blickt pessimistischer in die Zukunft

Seitdem es die Europäische Zentralbank gibt, steht die Deutsche Bundesbank nicht mehr im ganz hellen Scheinwerferlicht. Nun hat das Frankfurter Institut einen Blick in die Zukunft geworfen. Der Tenor: „Nach einer Phase der Hochkonjunktur kühlt sich die Wirtschaft in Deutschland gegenwärtig spürbar ab.“ Doch allzu hart wird die Landung nicht ausfallen, denn die binnenwirtschaftlichen Auftriebskräfte seien bei einer verhaltenen konjunkturellen Grundtendenz weiterhin intakt, so die Experten.

Als Ursache für den aktuellen Abschwung sieht die Bank die strauchelnde Industrie, die unter der schleppenden Exportentwicklung leidet. Doch im zweiten Halbjahr dürften die Ausfuhren wieder anziehen und der Industrie auf die Sprünge helfen.

Das würde der derzeit wahrnehmbaren Zweiteilung der deutschen Konjunktur zwischen außenwirtschaftlicher Flaute und binnenwirtschaftlicher Robustheit entgegenwirken. 2020 dürften der private Konsum und auch die Investitionen allerdings schwächer zulegen und aufgrund der demografischen Entwicklung auch der Beschäftigungszuwachs deutlich nachlassen.

Das deutsche Bruttoinlandsprodukt sieht die Bank heuer um 0,6 % zulegen. 2020 wird das BIP dann um 1,2 % expandieren und 2021 nochmals geringfügig um 1,3 % wachsen, so die Projektion. Allerdings kürzen die Banker mit den neuen Zahlen ihre BIP-Prognosen von Dezember deutlich.

Vor einem halben Jahr waren sie davon ausgegangen, dass die für Deutschland so wichtige Autoindustrie den Bremsklotz „WLTP“, also die neuen europaweiten Abgastestverfahren, überwinde, doch letztlich seien die Aufholeffekte durch eine weltweit schwächere Nachfrage überlagert worden. Allerdings entwickle sich die Binnenkonjunktur derzeit wie erwartet robust. Ein milder Winter etwa habe die Bauinvestitionen angeschoben.

Nach dem Schub zu Jahresbeginn wird die Wirtschaft im Sommerhalbjahr weiter ein zweigeteiltes Bild abgeben. Einerseits ist die vom ifo-Institut erfasste Stimmung bei den Unternehmen verhagelt und die Auftragseingänge stocken. Andererseits laufen in der Binnenwirtschaft die Räder weiter rund: „Ein länger anhaltender, deutlicher Rückgang der Wirtschaftsleistung erscheint derzeit wenig wahrscheinlich.“

In der zweiten Jahreshälfte könnte die Konjunktur dank anziehender Exporte zudem wieder kräftiger wachsen. Der solide private Konsum wird die Importe, vor allem aus den europäischen Nachbarländern, anheizen. Das wird den Leistungsbilanzüberschuss heuer um einen halben Prozentpunkt auf 7 % abschmelzen.

Ein Konjunkturtreiber werden auch die staatlichen Gelder sein, die in die Verkehrsinfrastruktur, Schulen, Kinderbetreuung aber auch ins Militär fließen sollen. Trotz dieser Ausgaben wird die staatliche Schuldenquote heuer erstmals seit 2002 unter die EU-Marke von 60 % des BIP fallen. Perspektivisch sehen die Bundesbanker Abwärtsrisiken im außenwirtschaftlichen Umfeld die binnenwirtschaftlichen Aufwärtschancen dominieren und mahnen: Ginge in Folge der handelspolitischen Spannungen, das Vertrauen in die Verlässlichkeit internationaler Produktionsverflechtungen zurück, hätte das deutliche Folgen für Deutschlands Wirtschaft. 

 

Dieser Artikel wurde zur Verfügung gestellt von:

Börsen-Kurier     Jetzt 4 Wochen gratis testen

Hinweis

Die Wiener Börse AG verweist ausdrücklich darauf, dass die angeführten Informationen, Berechnungen und Charts auf Werten aus der Vergangenheit beruhen, aus denen keine Schlüsse auf die zukünftige Entwicklung oder Wertbeständigkeit gezogen werden können. Im Wertpapiergeschäft sind Kursschwankungen und Kapitalverluste möglich. Der Beitrag gibt die persönliche Meinung des Autors wieder und stellt keine Finanzanalyse oder Anlageempfehlung der Wiener Börse AG dar.